Freihandelsabkommen – Zum Stand der Dinge

Veröffentlicht am 5. März 2014

Plakat_QF_DIN_A0/1_RZ.inddAm 26. Januar 2014 haben die Delegierten auf dem außerordentlichen Bundesparteitag verabschiedet, dass in Freihandelsabkommen „möglichst fortschrittliche arbeitsrechtliche, soziale und ökologische Standards in den bilateralen und internationalen Handelsbeziehungen zu verankern“ seien. Allerdings wurde der Juso-Antrag, dass Freihandelsabkommen abgelehnt werden sollen falls diese Standards nicht erfüllt werden, nicht verabschiedet.

Schon im Koalitionsvertrag ist lediglich vermerkt, dass auf Schutzstandards Wert zu legen sei. In beiden Formulierungen sind also keine Konsequenzen formuliert. Aber der Widerstand wächst.

Denn mittlerweile ist klar, dass ein von der Bertelsmann Stiftung prognostiziertes Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent in 10 Jahren mit einem massiven Abbau von Schutzrechten für Arbeitnehmer_Innen und Verbraucher_Innen einher gehen würde. Abgesehen davon, dass ein prognostiziertes Wachstum von 0,5 Prozent in 10 Jahren nicht beeindruckend ist, würde dieses Wachstum teuer erkauft.

Zwar sind die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen in einer Teilfrage, dem sogenannten Investitionsschutz für Unternehmen, für 3 Monate ausgesetzt, aber eben nur ausgesetzt.

Seit dem Sommer letzten Jahres wird über ein transatlantisches Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen der EU und den USA verhandelt. Bisher kam es zu 3. Verhandlungsrunden. Die 4. Runde ist für den 26. März geplant.

Immer mehr Stimmen werden laut. die nicht nur einen Investitionsschutz für Unternehmen ablehnen, das „Investor-Staat-Schiedsverfahren“ als problematisch ansehen und für nicht notwendig erachten. Auch die grundsätzliche Forderung nach transparenten und sorgfältigen Verhandlungen wird immer stärker erhoben.

Das nun auch Details des Freihandelsabkommens mit Kanada in die öffentliche Debatte kommen, zeigt wie wenig die EU-Kommission und nationale Regierungen bisher an einer Transparenz der Verfahren gelegen ist.

Da muss es eines unserer wichtigsten Forderungen sein, genau diese Transparenz herzustellen und eine umfassende Beteiligung des Europaparlamentes und der nationalen Parlamente zu garantieren. Und die SPD muss auch die Möglichkeit des Scheiterns der Verhandlungen für Möglich erachten.

Denn wir alle haben den Beschluss zur Zulassung der Genmais-Sorte 1507 vor Augen:

Eine Mehrheit (19 von 28) der EU-Staaten wollte die Zulassung dieser Genmais-Sorte verhindern. Aber mit dem Stimmengewicht der größeren Mitgliedstaaten und der Stimmenthaltung der Bundesregierung wurde sie dennoch beschlossen – gegen die Vereinbarung im Koalitionsvertrag und gegen die Position des Europäischen Parlaments. Das verheißt auch für die weiteren Verhandlungen nichts Gutes.

Inzwischen wird von der Kommission eingeräumt, dass die Verhandlungen nicht problemlos laufen.

Im Zusammenhang mit dem am 17. und 18. Februar 2014 erfolgten politischen „stocktaking“ der bisherigen TTIP-Gespräche zwischen dem EU-Handelskommissar Karel de Gucht und dem US Trade Representative Michael Froman, war zu lesen:

„Es gebe mehr ungeklärte Fragen als gemeinsame Positionen, sagte EU-Handelskommissar Karel De Gucht nach zweitägigen Gesprächen in Washington. Unzufrieden zeigte sich De Gucht mit der Verhandlungsführung der Amerikaner: `Aus unserer Sicht haben die USA bislang nichts auf den Tisch gelegt`, sagte er.“ (TAZ, 20.2.2014)

Und es wird zumindest eine rote Linie genannt: „Das Verbot von Hormonfleisch in Europa wird laut EU-Handelskommissar Karel De Gucht in den Freihandelsverhandlungen mit den USA nicht angetastet. Auch andere Standards für Lebensmittel oder etwa den Verbraucher- und Umweltschutz würden in einem Transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) nicht abgesenkt, erklärte der Belgier am Dienstag nach Gesprächen mit dem US-Handelsbeauftragten Michael Froman.“ (Greenpeace, 18.02.2014)

Man darf gespannt sein, was die 4. Verhandlungsrunde bringen wird, die für nächste, die zweite Märzwoche geplant ist. Genauso wie auf die Ergebnisse des EU-USA-Gipfel mit EU-Kommissionschef José Manuel Barroso, EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy und US-Präsident Barack Obama am 26. März 2014 in Brüssel.

 

Eines muss allerdings klar sein: Ohne eine aktive Information über Risiken und Stand der bisher skandalös intransparenten transatlantischen Verhandlungen und die Einbeziehung der Öffentlichkeit und der nationalen Parlamente sowie des Europäischen Parlaments kann es kein TTIP geben.

Und klar muss auch sein: Weder die SPD im Europäischen Parlament noch die SPD Bundestagsfraktion können einem solchen Abkommen zustimmen, wenn der Beschluss „Europa eine neue Richtung geben“ des außerordentlichen Bundesparteitages am 26. Januar 2014 nicht erfüllt ist.

Wir als Vorstand des Forums DL21 wollen die Debatte um das geplante Freihandelsabkommen auch zusammen mit den Mitgliedern weiterführen, Daher werden wir Euch einen Link zu unserem Etherpad als gemeinsame Diskussionsplatform zukommen lassen.