Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Nachverhandeln! Sozialdemokratische Positionen deutlich machen!

Veröffentlicht am 16. Dezember 2018

von Aziz Bozkurt und Burkhard Zimmermann

Ein Einwanderungsgesetz zu schaffen ist seit über 30 Jahren ein Kernanliegen sozialdemokratischer Politik. Der derzeitige Gesetzentwurf, der sich aktuell noch in der Ressortabstimmung befindet, wird sozialdemokratischen Positionen in vielerlei Hinsicht jedoch nicht gerecht.

 

Naturgemäß liegt das vor allem an den zähen Verhandlungen mit der Union. Doch allein auf diesem Umstand dürfen wir uns nicht ausruhen! Insbesondere, weil das Einwanderungsgesetz im Koalitionsvertrag als besondere Errungenschaft gefeiert wurde. Der „Koalitionsfrieden“ darf nicht leichtfertig über sozialdemokratische Inhalte gestellt werden. Vor diesem Hintergrund fordern wir die Genossinnen und Genossen, die aktuell die Verhandlungen führen, dazu auf, grundlegend nachzuverhandeln!

 

So sind die Anforderungen für die Fachkräfteeinwanderung nach dem Gesetzentwurf teils an sehr hohe Hürden geknüpft, etwa was Spracherfordernisse betrifft. Auch wird zwar eine Aufenthaltserlaubnis zur Jobsuche erteilt, man darf in dieser Zeit aber nur max. 10 Std. arbeiten. Das schließt dann Menschen ohne Vermögen mehr oder weniger von der Erwerbsmigration aus. Auch die sog. zirkuläre Erwerbsmigration wird nicht hinreichend berücksichtigt.

 

Darüber hinaus werden insbesondere bei der Ausbildungsduldung die Anforderungen verschärft bzw. neue Ermessensspielräume für die Behörden geschaffen, was die einheitliche Anwendung der Vorschrift weiter konterkarieren dürfte (aktuell ist es in der Praxis schon so, dass Ausbildungsduldungen oftmals aufgrund von Ermessensentscheidungen verwehrt werden). Besonders perfide ist, dass an der Stelle eine Vereinheitlichung geplant ist, wo sich alle Bundesländer der restriktiven Haltung Bayerns annähern würden. Anwärter auf die sogenannte 3+2 Regelung müssen erst einmal eine Frist von sechs Monaten überstehen, wo Abschiebungsversuche unternommen werden sollen. Im Koalitionsvertrag hieß es noch: „Die 3+2-Regelung für Auszubildende wollen wir bundesweit einheitlich anwenden. Diese Regelung zielt auf die Ermöglichung eines Zugangs zu einer qualifizierten Berufsausbildung mit einer Duldung.“ Die aktuellen Vorschläge garantieren einen weiteren Glaubwürdigkeitsverlust.

 

Es finden sich darüber hinaus einige Erschwerungen für Schutzsuchende im Gesetzentwurf, siehe z.B. die Stellungnahme der Fachverbände. Insgesamt sollte mehr im Gesetz selbst geregelt sein, die Ermessensspielräume der Behörden gehen angesichts der aktuellen politischen Stimmung regelmäßig auf Kosten der Geflüchteten/Migranten.

 

Bleibt es beim aktuellen Entwurf, wird das Einwanderungsgesetz im Wesentlichen Stückwerk bleiben. Dadurch wird das Gesetz genauso wirkungslos bleiben, wie Anwerbeversuche wie bspw. aktuell durch die Blue Card.  Zudem soll weiterhin integrierten Menschen die Perspektiven in unserer Gesellschaft verwehrt werden. Daher müssen wir nachverhandeln. Wo uns dies aufgrund der Blockade unseres Koalitionspartners nicht gelingt, müssen wir dies explizit deutlich machen und auch Konsequenzen im Blick behalten.

 

Andernfalls droht der Eindruck zu entstehen, dass wir uns wieder einmal mit unseren sozialdemokratischen Positionen nicht durchgesetzt haben. Stückwerk reicht nicht, um unsere Wähler zu überzeugen!

 

Daher, liebe Genossinnen und Genossen, bietet der Union die Stirn! Kommuniziert offen, für welche Positionen die SPD steht und für welche nicht! Nur so können wir deutlich machen, wofür wir uns einsetzen. Andernfalls, so fürchten wir, droht uns – wieder einmal – ein politischer „Shitstorm“!

 

Aziz Bozkurt  Bundesvorsitzender der  AG Migration und Vielfalt in der SPD

Burkhard Zimmermann ist Vorstandsmitglied der DL21