Veranstaltungsbericht: Wie weiter in der Ukraine oder: rettet die Entspannungspolitik

Veröffentlicht am 18. November 2014

Was können wir heute noch aus der Entspannungspolitik Willy Brandts lernen? Über diese Frage diskutierten unsere Referenten Ute-Finckh-Krämer, MdB und Wolfgang Biermann (Mitarbeiter von Egon Bahr) mit etwa 50 Gästen am 17.11.2014 im taz-Café in Berlin.

20141117_190827Wolfgang Biermann, der bis 2011 im SPD-Parteivorstand für Frieden und Abrüstung zuständig war, erinnerte daran, dass bei Willy Brandt die Verständigung immer im Vordergrund stand – selbst mit Politikern wie Breschnew, der nicht gerade für die Einhaltung der Menschenrechte bekannt war. Da Krieg, wie Brandt sagte, nicht ultima ratio, sondern ultima irratio ist, war es unabdingbar mit der anderen Seite zu reden, um eine Eskalation von Konflikten zu verhindern.

Übertragen auf den heutigen Konflikt in der Ukraine heißt das, dass man versuchen sollte, sich zu überlegen, wie die Gegenseite den Konflikt wahrnehme. Dazu forderte Ute Finckh-Krämer alle Handelnden auf. Die Obfrau der SPD im Unterausschuss für zivile Krisenprävention erklärte, sowohl Russland als auch die EU trügen die Verantwortung für die heutige Lage in der Ukraine. Beide hätten versucht, das Land jeweils auf die eigene Seite zu ziehen.

Beide Referenten betonten, wie wichtig es sei, in derartigen Situationen nicht nur für eine Seite Partei zu ergreifen. PolitikerInnen müssten darauf achten, durch Parteinahme einen Konflikt nicht so weit zu eskalieren, dass er gewaltsam werde. Dadurch schade man nämlich am Ende denen, die man eigentlich wohlmeinend unterstützen wolle. Denn unter einem gewaltsamen Konfliktaustrag litten genau die Menschen, denen man eigentlich helfen wolle.20141117_190843

Um einen Konflikt zu lösen und zu deeskalieren, sei es wichtig, die Sicherheitsinteressen der anderen Seite ernst zu nehmen. Das sei nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes, etwa durch die Osterweiterung von NATO und EU, versäumt worden. Die Dynamik von Konflikten könne man nur durch Diskussion auflösen. Dazu sei die Findung von Kompromissen unerlässlich. Ohne Kompromissbereitschaft gebe es keine Problemlösung. Es sei „schön und gut“ sich auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker zu berufen, erklärte Ute Finckh-Krämer. Aber man sollte dieses nicht mithilfe eines Krieges durchsetzen.