Zur Debatte um die kalte Progression -Stellungnahme des Forums DL 21-

Veröffentlicht am 7. Mai 2014

Kalte Progression DL21Zur Debatte um die kalte Progression

-Stellungnahme des Forums DL 21-

Sigmar Gabriel hat die politische Debatte um die Abmilderung der sogenannten „kalten Progression“ begonnen, gleichzeitig aber jede Art von Steuererhöhung abgewiesen. Nach Presseberichten hat Sigmar Gabriel angesichts der steigenden Steuereinnahmen das steuerpolitische Ziel der SPD bis 2017 als „Konsolidieren – investieren – entlasten“ dargestellt. Das ist eine Abkehr des im Regierungsprogramm formulierten Ziels für mehr Steuergerechtigkeit.

Die CDU und die CSU wollen – wie Wolfgang Schäuble in der Presse zitiert wird –  das „Copyright für den Abbau der kalten Progression“ nicht der SPD überlassen. Sowohl im CDU geführten Finanzministerium in Berlin als auch im CSU geführten Finanzministerium in München wird offensichtlich im Hinblick auf 2017 an Vorstellungen gearbeitet die kalte Progression abzumildern.

Das Thema kalte Progression bzw. die Botschaft der Aussicht auf Steuersenkung und Entlastung für mittlere Einkommen ohne Steuererhöhung für höchste Einkommen scheint zu einem Profilierungs- und Wahlkampfthema für 2017 werden zu sollen. Auch wenn jetzt nicht nur Länderchefs der SPD sondern auch die CDU und CSU Fraktionsspitzen dies abwiegeln.

Für das Forum DL 21 – die Linken in der SPD – ist nach wie vor klar: Die Einkommenssteuer insgesamt muss gerechter werden! Entlastung unterer und mittlerer Einkommen vollständig gegenfinanzieren!

Die Debatte über eine Linderung der „kalte Progression“ muss versachlicht werden. Der progressive Verlauf des Einkommensteuertarifs ist ein wichtiger Beitrag zur Steuergerechtigkeit. Dieser progressive Tarif kann aber dazu führen, dass geringe Reallohnzuwächse eine höhere Steuerlast nach sich ziehen. Um diesem Effekt entgegenzuwirken, muss der Einkommensteuertarif immer wieder angepasst werden. Seit 1995 gab es zwölf Tarifsenkungen. Diese Steuersenkungen haben die Wirkungen der „kalten Progression“ mehr als kompensiert. Hohe Einkommen wurden dabei besonders stark entlastet. Durchschnittsverdiener zahlen heute deutlich weniger Einkommensteuer als zu Beginn dieses Jahrtausends.

Gleichzeitig sind die öffentlichen Haushalte chronisch unterfinanziert. Der Investitionsstau beläuft sich auf mindestens 300 Milliarden Euro und muss endlich aufgelöst werden. Folglich gibt es aktuell keinen Spielraum für Steuersenkungen. Im Gegenteil: Die öffentliche Einnahmesituation muss nachhaltig verbessert werden.  Folglich kann eine Linderung der kalten Progression unterer und mittlerer Einkommen nur durch eine vollständige Gegenfinanzierung über eine höhere Belastung der Spitzeneinkommen erfolgen.

Spitzenverdiener, Vermögende und Empfänger großer Erbschaften müssen sich gerecht an der Finanzierung des Staates beteiligen!

Die effektive Steuerbelastung der hohen und höchsten Einkommen ist deutlich geringer. Zu einer Gesamtbetrachtung muss auch die regressive Wirkung der Sozialabgaben jenseits der Beitragsbemessungsgrenzen  sowie die regressive Wirkung der indirekten Steuern gerechnet werden.

Und bei den Steuern auf Vermögen lag Deutschland 2011 im internationalen Vergleich weit hinten. Der Anteil betrug 0,6 Prozent des Bruttoinlandprodukts und war damit geringer als in 25 von 34 Mitgliedsstaaten der OECD.

Investitionsausgaben und Entlastungen für mittlere Einkommen dürfen nicht gegeneinander gestellt werden!

Denn auch der immense Investitionsstau der öffentlichen Hand und die Einhaltung der von uns Linken sehr kritisch gesehenen Schuldenbremse sind Aufgaben, die verteilungsgerecht zu bewältigen sind. Und die Kommunen erwarten zu Recht zumindest die im Koalitionsvertrag zugesagte Entlastung.

Es darf nicht weiterhin gelten: je höher das Einkommen oder Vermögen desto geringer die Belastung.

Daher fordern wir:

  • Die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, Einführung einer Vermögenssteuer, eine progressive Besteuerung von Kapitalerträgen, eine Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Spitzenverdiener, Vermögende und Empfänger von großen Erbschaften müssen sich gerecht an der Finanzierung des Staates beteiligen. Dies bedeutet auch eine gerechte Gestaltung der Einkommenssteuerprogression.

Unser Ziel ist eine Steuer- und Abgabenpolitik, die zum notwendigen Abbau der größer werdenden gesellschaftlichen Ungleichheit beiträgt. Es darf keinen inhaltlich Roll-back geben. Wir halten fest an dem Steuerkonzept des SPD-Regierungsprogramms, das auf der Grundlage von Parteitagsbeschlüssen vereinbart wurde. Auch wenn wir dieses in der großen Koalition nicht durchsetzen können, bleibt dieses Steuerkonzept unser Ziel für 2017 und darüber hinaus.

 

Quellen:

Stichworte zur Debatte über Reformvorschläge zur Steuerpolitik und ihre verteilungspolitischen Auswirkungen, von Hilde Mattheis, Sprecherin der AG Verteilungsgerechtigkeit, September 2011

Empfehlungen der AG Verteilungsgerechtigkeit für eine Reform der Steuer- und Abgabenpolitik, Juni 2011

Zur Reform des Einkommenssteuertarifs, Ein Reader der PL, Dr. Achim Truger und Dieter Teichmann, März 2011

Klartext  Nr.14/2014, DGB

Böcklerimpuls 1/2014