DL21-Newsletter vom 27.11.2014

Veröffentlicht am 27. November 2014

Wegen eines technischen Defektes können wir den Newsletter heute nicht verschicken. Ihr findet Ihn untenstehend.

Liebe Genossinnen und Genossen

aus der Haushaltsdebatte heute wird Sigmar Gabriel in der EurActiv.de mit dem Satz zitiert: „Deutschland wird CETA zustimmen.“ Und weiter: „Wenn der Rest Europas dieses Abkommen will, dann wird Deutschland dem auch zustimmen. Das geht gar nicht anders.“

Am 20. September 2014 haben wir auf dem Parteikonvent beschlossen: „Eine intensive Diskussion über die TTIP-Verhandlungen und auch das geplante Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA), für das die oben genannten Maßgaben zu TTIP gleichermaßen gelten, ist in der Öffentlichkeit genauso selbstverständlich auch innerhalb der SPD von zentraler Bedeutung. Zur Vorbereitung politischer Entscheidungen muss die Möglichkeit der Diskussion, Meinungsbildung und Mitsprache bestehen.“

Das fordern wir weiterhin ein, dahinter wollen wir nicht zurückfallen. Und wir fordern ein, dass die Verhandlungen auf der Grundlage der 14 vom Konvent beschlossenen Ziele und Anforderungen zu führen sind.

Liebe Genossinnen und Genossen,

eine solidarische Gesellschaft muss nach außen und nach innen Solidarität leben:

  • Solidarität nach außen gegenüber Asylbewerbern und Flüchtlingen
  • Solidarität der Generationen und Anerkennung von Lebensleistungen durch eine solidarische Rentenpolitik
  • Solidarität durch Steuergerechtigkeit
  • Geschlechtersolidarität durch eine Frauenquote

 

Zur Asyl- und Flüchtlingspolitik

Der SPD-Parteivorstand hat sich zu Recht bekannt: Humanitäre Solidarität gegenüber Asylbewerbern und Flüchtlingen ist ein ziviler Wert einer modernen solidarischen Gesellschaft. Die Unterbringung und ihre gesundheitliche Behandlung müssen menschenwürdig sein. Die Erstaufnahmeunterbringung muss auf drei Monate beschränkt bleiben. Deshalb benötigen Kommunen und Behörden mehr Geld und Unterstützung. Der Parteivorstand hat zudem auch Änderungen der europäischen Asylpolitik angemahnt, die nun möglichst schnell umgesetzt werden müssen (SPD-Parteivorstand 2014).

Es ist zu begrüßen, dass Asylbewerber und Flüchtlinge nach Zustimmung des Bundestages und Bundesrates bereits nach drei Monaten Wartefrist ein Zugangsrecht zum Arbeitsmarkt haben. Dies ist im Vergleich zu neun Monaten für Asylbewerber und nach zwölf Monaten für Flüchtlinge eine deutliche Verbesserung ebenso wie die Einführung des Rechts auf Geld- statt auf Sachleistungen nach der Aufnahmephase. Asylbewerber und Flüchtlinge können so ein selbstbestimmteres Leben führen – eine rechtliche Änderung, die das Asyl- und Flüchtlingsrecht nun endlich stärkt. Zudem werden 2015 500.000 Euro von der Bundesregierung für die Gemeinden zur Untersuchung von ankommenden Flüchtlingen, zunehmend auch aus dem Kriegsgebiet Syrien, bereitgestellt, damit nicht nur akute Erkrankungen behandelt werden. Mediales Mitleid mit Kriegsflüchtlingen reicht nicht, sondern hier muss konkret und schnell geholfen werden.

Deutschland zählte in den vergangen Jahren, anders als manchmal in der Öffentlichkeit vermittelt, gemessen an der Bevölkerungszahl, seinem Bruttoinlandsprodukt und seiner Arbeitslosenrate pro Kopf nicht zur Spitze der Länder, die am meisten Asylbewerber und Flüchtlinge aufnehmen, wie SOS Mitmensch noch für 2012 berechnete. Nach einem solidarischen Berechnungsmodell hätten 2012 sogar 50 % mehr Menschen einen Erstasylantrag in Deutschland stellen können. 2014 werden sich die Zahlen jedoch, gerade auch wegen der Kriegsflüchtlinge, mehr als verdoppeln, so dass Deutschland sich solidarisch zeigt.

Die Einstufung von Bosnien und Herzegowina, Mazedonien und Serbien als sichere Herkunftsstaaten ist für uns schwierig, denn dadurch wird u.a. die Ausreisefrist verkürzt und die Klagemöglichkeiten weiter eingeschränkt. Die SPD muss sich hier an den Koalitionsvertrag halten, weil die Union diese restriktive Politik einfordert. Zudem drohen derzeit durch neue gesetzliche Regelungen neue Aufenthalts- und Einreiseverbote. Es bleibt für uns also viel zu tun.

Zur Asyl- und Flüchtlingspolitik haben wir euch einen Reader zusammengestellt, der euch grundlegende Informationen zum Thema liefert. Den Reader findet ihr hier.

Weitere Infos zum Asylrecht finden sich hier:

 

Zur Rentenpolitik

In der letzten Woche wurde der Rentenversicherungsbericht 2014 vorgestellt (BMAS 2014a).

Der Rentenbericht zeigt: Immer mehr über 60-Jährige bleiben erwerbstätig, so dass eine Wende in der Arbeitsmarktpolitik erreicht wurde. Die Erfahrenen werden wieder mehr geschätzt. Die Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren wird deutlich besser als erwartet angenommen. Dies zeigt ganz klar, wie groß der Bedarf an flexibleren Rentenübergängen ist. Daher sollte es ein Anliegen der SPD sein, dieses Erfolgsmodell weiterzuführen und im Wahlprogramm 2017 so zu kommunizieren.

Die Steigerung der Erwerbstätigenquote für über 60jährige ist ein gutes Zeichen. Dennoch ist die sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigenquote bei über 60 Jährigen mit 32,4 % (BMAS 2014b) noch deutlich von der 50%-Quote entfernt, welche nach SPD-Beschlusslage Voraussetzung für die Einführung der Rente mit 67 ist. Dies ist für mich ein hinreichender Grund sich weiterhin für die Aussetzung der Rente mit 67 stark zu machen.

Gleichzeitig mit der Rente mit 67 wird das Rentenniveau immer weiter sinken und zwar möglicherweise sogar von 48 % 2014 auf 43 % 2030 (BMAS 2014a: 12). Meiner Ansicht nach könnte die „Rechnung ,Mehr einzahlen, aber weniger rausbekommenʽ zu einem weiteren Vertrauensverlust in die gesetzliche Rentenversicherung führen, den es unbedingt zu verhindern gilt“ (PM DL 21).

Sinkende Rentenniveaus führen zu einer zunehmen Altersarmut von über 65-Jährigen (VDK 2014). Die Rente muss endlich wieder solide finanziert werden, um Altersarmut und eine Vertrauenskrise zu verhindern.

Wie die SPD in ihrem Wahlprogramm und in den Jahren zuvor festgelegt hat, hat die Stabilisierung des Rentenniveaus oberste Priorität. Von diesem Kurs darf die Partei nicht abweichen, da der Bericht auch zeigt, dass die kapitalgedeckte Altersvorsorge für einen Teil der Bevölkerung aufgrund finanzieller Zwänge keine Alternative darstellt. Die Sozialdemokratie muss weiter dazu stehen, dass die Sicherung, Stärkung und Ausbau der gesetzlichen Rentenversicherung die beste Altersvorsorge für die Menschen darstellt.

Infos zur Rentenpolitik finden sich hier:

PM DL 21 20.11.2014: „Die beste Altersvorsorge ist eine Sicherung des Rentenniveaus

VDK 19.11.2014: „Altersarmut ist akut wie noch nie

BMAS 2014: „Rentenversicherungsbericht 2014

 

Zur Steuer- und Investitionspolitik

Das Bundesverfassungsgericht wird am 17.12.2014 sein Urteil zur Erbschaftssteuer verkünden und darüber urteilen, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz der Besteuerung eingehalten wird. In Deutschland sind die Vermögenssteuern im OECD-Vergleich sehr gering, auch bedingt durch die vielen Ausnahmen in der Erbschaftssteuer zu Gunsten von Betrieben, die auch von Erben ausgenutzt werden können (Schratzenstaller 2013: 21).

Die Erbschafts- und Schenkungssteuer ist eine Ländersteuer und die Einnahmen des Staates beliefen sich 2013 laut Statistischen Bundesamt trotz Zuwachs von 12,7 % auf lediglich etwa 4,6 Milliarden[1] gegenüber der Tabaksteuer, die dem Bund zu Gute kommt, mit etwa 13,8 Milliarden. Es wird Zeit, dass Vermögen in Deutschland wieder mehr besteuert wird, zumal „2600 Milliarden Euro […] in diesem Jahrzehnt vererbt werden“ (Berger 2014).

Angesichts dieser Summen wirkt das von Wolfgang Schäuble angekündigte zusätzliche Investitionspaket ab 2016 in Höhe von 10 Milliarden wie ein Tropfen auf den heißen Stein, auch wenn es erfreulich ist, dass er auf eine Forderung der SPD eingegangen ist. Der Bedarf an Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Energie und Gesundheit/Soziales aber ist weitaus höher. Insofern wirkt das Paket eher wie ein Investitionspäckchen.

Angesichts der Notwendigkeit von Investitionen bin ich der Meinung, die Möglichkeiten, die uns die Schuldenbremse ermöglicht, sollten auch voll ausgenutzt werden. Dies würde zumindest Investitionen in Höhe von 25 Milliarden Euro ermöglichen.

Infos zur Erbschaftssteuer finden sich hier:

Berger, Jens 2014: Irrungen, Wirrungen, Erbschaftssteuer, in: Nachdenkseiten – Die kritische Website 19.11.2014.

DPA 06.11.2014: Schäuble kündigt Investitionspaket von 10 Milliarden an, in: ZEIT ONLINE.

Schratzenstaller 2013: Vermögensbezogene Steuern. Ansatzpunkte, internationaler Vergleich und Optionen für Deutschland, Wien.

Statistisches Bundesamt: 12,7% Zuwachs an festgesetzter Erbschaft- und Schenkungsteuer auf 4,7 Milliarden Euro in 2013

Statistisches Bundesamt: Statistik über Steueraufkommen

 

Zur Frauenquote: Geschlechtersolidarität

Wir begrüßen die von der Bundesregierung und vor allem von der SPD geforderte und ab 2016 wirksam werdende, ausgehandelte Frauenquote von 30 % für Aufsichtsräte in den 100 DAX-Unternehmen sowie für den öffentlichen Bereich und die notwendigen Sanktionen bei Nichtbeachtung. Auch ist es richtig, dass die Plätze frei blieben, wenn keine Frau „gefunden“ wird. Jedoch darf es nicht dabei bleiben. Ob die freiwillige Selbstverpflichtung der 3500 börsennotierten und mitbestimmungspflichtigen Unternehmen funktionieren wird, ist eher fragwürdig. Zudem darf die Frauenquote sich nicht nur auf die Spitzenebene beschränken. Auch die Einkommensunterschiede und Zugangsbarrieren müssen weiter abgebaut werden.

Weitere Infos finden sich hier:

ZEIT ONLINE 2014: Schwarz-Rot einigt sich auf Frauenquote, 25.11.2014.

 

Liebe Genossinnen und Genossen,

Neben der Bearbeitung der oben angesprochenen Themen haben wir mit dem Bericht über unsere taz-Café-Runde zum Thema Ukraine eine weitere gute Grundlage für eine Positionierung zur Friedenspolitik. Eine nächste taz-Café-Veranstaltung ist zum Thema Flüchtlingspolitik für Anfang des Jahres 2015 geplant. Damit greifen wir nach unserer Herbsttagtagung zur linkssozialdemokratischen Wirtschaftspolitik auch diese zwei inhaltlichen Schwerpunkte auf.

 

Mit solidarischen Grüßen

 

 

Hilde Mattheis, MdB

Vorsitzende DL 21

 

[1] Die Zahlen differieren von 4,6 zu 4,7 Milliarden (vgl. die beiden Quellen vom Statistischen Bundesamt.