Berichte zum Parteikonvent am 20.06.2015

Veröffentlicht am 25. Juni 2015

Hier findet ihr Berichte von Konventsdelegierten zum Parteikonvent am 20. Juni 2015:

Bericht von Sebastian Roloff, Konvents-Delegierter aus Bayern

Vor dem Hintergrund der über 100 Gliederungen, die Anträge gegen die Vorratsdatenspeicherung im Vorfeld gestellt oder unterstützt hatten, wurde die Diskussion durch die Parteispitze unzulässig mit Personalfragen und dem Hinweis auf eine vermeintliche Regierungsfähigkeit aufgeladen. Dass es trotzdem zu einer sachlichen Diskussion mit einem gewissen inhaltlichen Niveau kam, kann man vor diesem Hintergrund als ersten großen Erfolg der VDS Gegner sehen. Die große Mehrheit der über 40 Wortmeldungen im Konvent kamen dann auch von Kritikerinnen und Kritikern. Wie leider auch zu erwarten war, setzte sich die Parteiführung fast geschlossen und mit allen großen Namen der Bundespartei für den Kompromiss des Bundesjustizministers ein. Dass hier die Ebene des Sachlichen (auch bei Verlautbarungen im Nachgang) leider manchmal verlassen wurde und man eher auf schwer begründbare Emotionen setzte, gehört wohl zu dieser Diskussion dazu, ist aber dennoch schade.

Dass es trotz des Drucks durch die Parteiführung im Vorfeld und das besagte Engagement in der Diskussion selber zu einem doch relativ knappen Abstimmungsergebnis kam, insbesondere wenn man die Stimmen das im Konvent überrepräsentierten Parteivorstandes rausrechnet, ist auf jeden Fall mehr als ein Achtungserfolg in dieser Frage.

Bemerkenswert war hier insbesondere die Rolle von Heiko Maas, der zwar einerseits auch im Vorfeld versucht hat viele Fragen zu beantworten und Bedenken auszuräumen, am Ende aber auch mit seiner gesamten politischen Rolle für diesen Kompromiss geworben hat. Dass der Parteivorsitzende und die Generalsekretärin trotz ihrer Einlassung in dem im Vorfeld des Konvents sich an dieser Diskussion nicht, beziehungsweise nur in Teilaspekten, beteiligt haben, mag der Strategie geschuldet sein, ist aber dennoch bemerkenswert.

Es bleibt ein Themenkomplex, an der wir dranbleiben müssen um den Anschluss an die so genannte Netzgemeinde nicht völlig zu verlieren, wenn es dafür nach Samstag nicht schon zu spät sein sollte.

 

Bericht von Luisa Boos, Konvents-Delegierte aus Baden-Württemberg

Was ist alles im Vorfeld passiert?

Die Stimmung im Vorfeld des Parteikonvents war ohne Frage emotional sehr aufgeladen. Dies hatte zum einen mit den intensiven Debatten um das Thema Vorratsdatenspeicherung und damit verbundenen Diskussionen über Regierungsfähigkeit und angeblichen Rücktrittsdrohungen des Parteivorsitzenden zu tun. Es war allen bereits im Vorfeld klar, dass diese Debatte nicht mehr nur in der Sache geführt wurde. Zum anderen zeigte, z.B. der Offene Brief der Jusos Bayern, der Sigmars Äußerungen im Interview in der Bild zu Griechenland stark kritisierte, dass die Stimmung gegen den Parteivorsitzenden mancherorts auf dem Tiefpunkt angekommen ist.

In dieser angespannten Situation empfand ich es als sehr positiv, dass es Akteur*innen gab, die sich redlich bemühten über das Streitthema Vorratsdatenspeicherung sachlich zu informieren. Besonders hervorzuheben ist hierbei der Verein D64, der nicht nur mit dem zur Verfügung gestellten Musterantrag die Debatte in den Gliederungen vorangebracht hat, sondern auch im weiteren Diskussionsprozess Argumente und Informationen transparent zusammen stellte. Auch die Jusos und das Forum DL 21 e.V. versorgten ihre Mitglieder nicht nur mit Informationen, sondern hatten auch eine klare politische Haltung.

Warum thematisiere ich das? Ich hätte mir gewünscht, dass es bei den Linken in der SPD dazu eine einheitliche Haltung gegeben hätte. Doch die Interviews und Kommentare in den Medien einiger Parteilinken hatten bereits im Vorfeld des zweiten Treffens der Magdeburger Plattform erkennen lassen, dass dies ein Wunschtraum bleiben wird.

Vorbereitungstreffen und Vorbesprechungen

Die D64 und die DL21 hatten am Freitagabend zu einem Come-together für alle Delegierten, die bereits nach Berlin angereist waren, eingeladen. Dort war nicht nur Gelegenheit sich noch einmal zu Fragen rund um das Thema Vorratsdatenspeicherung zu informieren, sondern auch zu besprechen, mit welchen Argumenten und welcher Strategie wir in die Debatte gehen möchten. Einige nutzten die Gelegenheit letzte Fragen zum Gesetzesvorschlag und zum Thema allgemein zu klären. Ich hatte das Gefühl, dass diese Diskussionen nicht nur dazu beigetragen haben, eine gute sachliche Grundlage für den Samstag zu legen, sondern auch entscheidend dafür waren, ein Gemeinschaftsgefühl unter den anwesenden Delegierten zu erzeugen. Deshalb möchte ich mich für diese tolle Zusammenarbeit von D64 und DL21 noch einmal ausdrücklich bedanken.

Der Samstagmorgen begann dann mit der gemeinsamen Vorbesprechung der Linken in der SPD. Auch Heiko Maas nahm an dieser teil und stellte sich den überwiegend kritischen Nachfragen. Diesen Austausch möchte ich auch im Nachhinein ausdrücklich begrüßen. Enttäuschend war jedoch, dass die Vorbesprechung von Ralf Stegner unmittelbar danach abgebrochen wurde, obwohl noch mehrfach der Wunsch geäußert wurde, über eine gemeinsame Strategie, wie z.B. Änderungsanträge der Jusos und der DL, zu sprechen. Wer nicht in der anschließenden Besprechung im kleinen Kreis dabei war, wusste demnach zunächst einmal nicht, welche Änderungsanträge nun definitiv gestellt werden sollen. Eine Delegiertenvorbesprechung der SPD-Linken stelle ich mir prinzipiell anders vor.

Und dann ging’s los – der Parteikonvent

Der Parteikonvent begann mit einer Grundsatzrede von Sigmar Gabriel. In dieser Rede verteidigte er unter anderem auch seine in der Bildzeitung artikulierte Haltung zu Griechenland. Dies sorgte für Unruhe im Raum. Generell wurde seine Rede von wenig Applaus begleitet und ich empfand die Stimmung gegenüber dem Parteivorsitzenden stellenweise als sehr eisig. (Ich lasse die Rede von Thomas Oppermann, die im Anschluss gehalten wurde, in diesem Bericht aus. Im Wesentlichen war sie eine Zusammenfassung der sozialdemokratischen Projekte in der Groko). Den Reden von Sigmar Gabriel und Thomas Oppermann folgte eine kurze Aussprache. Ich möchte hieraus die beiden Redebeiträge von Stella Kirgiane-Efremidis und Peter Simon, MdEP, besonders hervorheben, da sie aufzeigten, wie gefährlich das Gegeneinanderausspielen der „deutschen Familien“ und den „griechischen Rentner*innen“ ist. In seiner anschließenden Erwiderung ließ Sigmar jedoch erkennen, dass diese Kritik seine Haltung und auch seine Rhetorik nicht ändern wird. Ich empfand diesen Moment als absoluten Tiefpunkt des Tages. Ja, selbst schlimmer als das Ergebnis zur VDS, denn bei diesem Thema wurde der Kurswechsel des Parteivorsitzenden wenigstens ausgiebig diskutiert und eine demokratische Entscheidung gefällt.

Und dann ging es in die Debatte zur VDS / Höchstspeicherpflicht oder wie auch immer heute das Wording sein mag. Heiko Maas brachte den Initiativantrag des Parteivorstands ein, informierte über den Gesetzesentwurf, erläuterte seine Verhandlungserfolge gegenüber der CDU und begründete auch seinen Kurswechsel in dieser Frage. Er habe sich gefragt, was passieren würde, wenn es in Deutschland einen Terroranschlag gäbe. Welche Debatten dann entstünden und dass dann wahrscheinliche eine Variante der VDS kommen würde, die uns allen noch viel weniger gefällt. Dies mag sogar tatsächlich ganz gut voraussagen, wie die Medien und Politik nach einem Terroranschlag reagieren würden, stellte für mich dennoch kein Argument dar. Insgesamt empfand ich diese Rede aber als sehr fair und er bekam auch viel Applaus. Auch von mir, denn es stimmt: Wenn man eine anlasslose Speicherung nicht prinzipiell ablehnt, dann hat er ein gutes Verhandlungsergebnis erzielt.

Mir und vielen anderen ging es auch in der Debatte nicht darum Heiko anzugreifen oder seinen Verhandlungserfolg in Frage zu stellen, sondern sachlich unsere Gegenposition darzulegen. Und diese Gegenposition war vor allem zu Beginn der Debatte sehr dominant. Wohl zu dominant, denn nach circa 1,5 stündiger Debatte wurde der Parteivorstand zusehend immer nervöser.

Eine Delegierte hatte in der Debatte noch einmal herausgestellt (das wurde mehrfach gesagt), dass die Vorratsdatenspeicherung laut Studie des Max-Planck-Instituts nur einen extrem geringen Erfolg in der Strafverfolgung vorzuweisen hat und die Frage aufgeworfen, was eigentlich passiere, wenn die Evaluation des Gesetzes (die im Gesetzesentwurf sowieso schon vorgesehen war) zu ähnlichen Schlüssen kommt.

Diese Frage nahm Ralf Stegner in seinem späteren Debattenbeitrag auf, um eine erneute Diskussion in der SPD zum Thema VDS im Jahr 2018 zu fordern. Dies sollte sozusagen dann einen Kompromiss darstellen.

Mit dem Wort Kompromiss wurde in der Debatte übrigens so häufig gearbeitet, dass ich in meinem Redebeitrag versucht habe darzustellen, dass es in der Frage anlasslose Speicherung der Verkehrsdaten aller Bürgerinnen und Bürger ja oder nein, keinen Kompromiss geben kann. Der Initiativantrag des Parteivorstands war deshalb nie ein Kompromiss. Im Gegenteil – er war genau die gegenteilige Position der über 100 Anträge aus den Gliederungen und der Beschlüsse von 11 Landesverbänden.

Dennoch hatte Ralf Stegners Forderung natürlich den Effekt, dass die Debatte weg ging von der grundsätzlichen Entscheidung, was ich als sehr ärgerlich empfunden habe. Denn egal, welche Position man einnimmt – beides ist legitim – hätte diese Debatte im Grundsatz entschieden werden müssen.

In einem späteren Redebeitrag bedankte sich Sigmar deshalb folgerichtig für die Initiative von Ralf Stegner und sagte, dass er sich für diese Neubewertung nach ein paar Jahren einsetzen werde und dies gerade mit Thomas de Maizière besprochen habe. Das ist der einzige Punkt, an dem ich mich als Delegierte im Nachhinein hinters Licht geführt fühle, da in der nachfolgenden Pressekonferenz deutlich wurde, dass dieser „Kompromissvorschlag“ mit Thomas de Maizière bereits weit im Vorfeld vereinbart worden – und eben nicht ein spontanes Zugeständnis den kritischen Delegierten gegenüber war. Meiner Ansicht nach hätte man dies offen kommunizieren müssen. Von diesem Schauspiel aus der Presse erfahren zu müssen, war mehr als ärgerlich.

Prinzipiell möchte ich aber festhalten, dass die Debatte an sich sehr fair geführt wurde und das Tagungspräsidium sehr dazu beigetragen hat, diese offene Debatte zu ermöglichen. Die meisten Redner*innen, egal mit welcher Haltung, haben sich sehr sachlich und respektvoll in die Debatte eingebracht. Darauf können wir tatsächlich stolz sein.

Die Abstimmung

Eigentlich sollte mittlerweile das Abstimmungsergebnis allen bekannt sein. Der Vollständigkeit halber nenne ich es jedoch noch einmal: 124 Delegierte stimmten für den Initiativantrag des Parteivorstands, 88 dagegen und 7 enthielten sich. Obwohl dieses Mehrheitsverhältnis eigentlich schon beim Kartenheben erkennbar war, wurde Auszählung gefordert und dann auch durchgeführt. Das war fair und ist auch der Grund dafür, warum ein exaktes Ergebnis angegeben werden kann.

Was lief noch am Rande?

Abschließend möchte ich nun ein paar Anmerkungen zum Konvent loswerden, aber davor warnen diese so auszulegen, als würde ich behaupten, ohne diese Geschehnisse wäre das Ergebnis ein anderes gewesen. Ich habe kein Interesse daran, mich an „Was-wäre-wenn-Spielchen“ zu beteiligen. Mir geht es ausschließlich darum, solche Abläufe transparent zu machen.

Ich halte es für völlig legitim, dass Menschen versuchen andere von ihrer Position zu überzeugen. Deshalb würde ich niemals kritisieren, wenn Leute durch die Reihen gehen und das Gespräch suchen. Allerdings gab es am Rande dieses Konvents auch andere Situationen:

In manchen Landesverbänden wurden Delegierte zu Einzelgesprächen mit prominenten Vertreter*innen der Parteiführung oder der jeweiligen Landes-SPD gebeten, in denen auch ihre persönliche Zukunft in der SPD diskutiert wurde. Mir sind einige begegnet, die explizit froh waren, dass sie die Freiheit genießen „nichts mehr werden zu wollen“. Es ist wichtig, dies mal zu diskutieren, denn wenn nur Menschen in dieser Partei was werden dürfen, die im Zweifelsfall eine sehr flexible Meinung haben, dann brauchen wir auch nie wieder darüber diskutieren, warum wir an Glaubwürdigkeit verlieren.

Noch bedenklicher fand ich aber, dass in mindestens einem Landesverband darüber diskutiert wurde, wie sich die Höhe des Zuschusses der Bundes-SPD für anstehende Landtagswahlkämpfe, bei welchem Verhalten der Delegierten, verändern könnte – natürlich zum Negativen. Ich möchte nicht Teil einer SPD sein, die so etwas zulässt, sondern Teil einer SPD, die in der Sache streitet und in genau dieser (und auch nur dieser) Sache eine Entscheidung fällt. Ob sie mir gefällt, oder auch nicht.

 

 

Bericht von Jens Peick, Konvents-Delegierter aus Nordrhein-Westfalen

Als Delegierter des Parteikonvents am vergangenen Samstag erlebte man hautnah, was der Rest der Partei in den Medien verfolgen konnte. Man wurde Zeuge, wie ein rechtskonservatives Politikprojekt zur Herzensangelegenheit der Sozialdemokratie gemacht wurde. Das Leitmedium des Springer-Verlags munkelte im Vorfeld etwas von Rücktrittsdrohungen des Parteivorsitzenden und schon wurde die Entscheidung über die Vorratsdatenspeicherung zur Zukunftsfrage der SPD. Leider macht sich diese Zukunft allerdings nur daran fest, ob man auch künftig als Juniorpartnerin in einer Koalition mit der CDU/CSU als regierungsfähig angesehen wird.

Wenn man sich vor Augen führt, dass der Parteivorstand gar nicht über das Thema diskutieren wollte, hat die Basis bereits dadurch einen Erfolg errungen, dass das Thema auf dem Konvent so breit diskutiert wurde. Dies ist gelungen, weil über 100 Anträge aus unterschiedlichen Gliederungen eingereicht wurden, die sich deutlich gegen die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung positioniert haben. Gleichzeitig gab es in 11 von 16 Landesverbänden klare Beschlussfassungen gegen die Vorratsdatenspeicherung. Unverständlich bleibt in Anbetracht dieser breiten Mehrheit gegen die Vorratsdatenspeicherung, die in den Beschlüssen der Gliederungen klar zum Ausdruck gebracht wurde, dass es am Ende doch eine Mehrheit auf dem Parteikonvent für die Einführung der Vorratsdatenspeicherung gab.

Klar sagen muss man: Überzeugende Sachargumente für die Einführung einer anlasslosen und flächendeckenden Überwachung von mehr als 80 Mio. Menschen konnten die Befürworter nicht liefern.

Aber blicken wir zuerst kurz auf das Verfahren. Nachdem die Vielzahl von Anträgen contra Vorratsdatenspeicherung eingegangen war und klar wurde, dass man sich der Diskussion nicht entziehen kann, hat die Antragskommission unter Leitung von Olaf Scholz entschieden, diese Anträge alle zur Ablehnung zu empfehlen und den Parteivorstand aufzufordern, einen Initiativantrag pro Vorratsdatenspeicherung vorzulegen, der dann zur Beratungsgrundlage gemacht wurde. Nur am Rande sei angemerkt, dass es befremdet, wenn es über 100 fristgerecht eingereichte Anträge gibt und die Beratungsgrundlage ein Antrag des Parteivorstandes wird, dessen Initiativcharakter offenkundig nicht gegeben ist.

In der Diskussion wurde dann durch die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung immer wieder das Argument angeführt, dass es einen Parteitagsbeschluss von 2011 gibt, bei dem eine Mehrheit die Vorratsdatenspeicherung befürwortet hat bzw. dass lediglich der Koalitionsvertrag umgesetzt wird, dem die Mehrheit der Partei zugestimmt hat. Beide Argumente tragen aber deshalb nicht, weil sich sowohl der Beschluss aus 2011 wie der Koalitionsvertrag auf die Umsetzung der EU-Richtlinie beziehen, welche durch den EuGH gekippt wurde. Beim Parteitagsbeschluss ging man noch davon aus, dass Deutschland die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung umsetzen muss, da ansonsten Strafzahlungen fällig würden und deswegen hat der Parteitag 2011 einen Rahmen gesetzt, wie die Umsetzung der Richtlinie erfolgen soll. Eine grundsätzliche Befürwortung der Vorratsdatenspeicherung lässt sich daraus nicht ableiten. Gleiches gilt für den Koalitionsvertrag. Selbst die Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Andrea Voßhoff (CDU), hat in ihrer Stellungnahme (BR-Drucksache 249/15) festgestellt, dass der Koalitionsvertrag „[…] lediglich die Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung fordert, nicht hingegen die Einführung einer von europäischen Vorgaben isolierten nationalen Lösung.“

Insgesamt wurde deutlich, dass die Argumente eindeutig auf der Seite der Gegner*innen der Vorratsdatenspeicherung lagen – die Umkehr des rechtsstaatlichen Prinzips der Unschuldsvermutung, die durch Studien belegte zweifelhafte Wirksamkeit und auch die fehlende Begründung der Notwendigkeit eines solchen Eingriffs. Alle diese Sachargumente verblassten für 58 % der Delegierten dann aber doch gegenüber der Gefahr, eine öffentliche Diskussion über die Regierungsfähigkeit der SPD führen zu müssen.

Problematisch ist, dass diese Diskussion selbst heraufbeschworen wurde. Niemand, ob links oder rechts innerhalb der SPD oder ob Befürworter oder Gegner der Vorratsdatenspeicherung hat ein Interesse daran, unserer Partei öffentlich zu schaden. Dass dieses Instrument durch die Parteiführung aber bewusst eingesetzt wird, um die eigenen Positionen durchzusetzen ist eine große Gefahr für die innerparteiliche Demokratie und damit für unsere Partei insgesamt. Unsere Regierungsfähigkeit ist gefährdet, weil wir kein klares Profil vertreten. Wer konservative Projekte wie die Vorratsdatenspeicherung zu elementaren Themen macht, muss sich nicht wundern, wenn die Menschen die CDU/CSU und damit das konservative Original wählen.

Wenn wir Wahlen gewinnen und Politik gestalten wollen, müssen wir an unserer Glaubwürdigkeit arbeiten und wieder ein klares Profil gewinnen. Dafür müssen wir weiterhin linke Themen innerhalb der SPD setzen und noch mehr dafür kämpfen, diese auch mehrheitsfähig zu machen. Dies wurde in der Vorbereitung dieses Konvents auch dadurch erschwert, dass die Linken innerhalb unserer Partei keine einheitliche Meinung zu diesem Thema gefunden haben. Hier ist in Zukunft dringend eine engere Zusammenarbeit und Abstimmung erforderlich.